Donnerstag, 4. April 2013

Review: "Nachtzug nach Lissabon"



Gestern hatte ich im Kino meines Vertrauens das Vergnügen den Produzenten des Filmes, Peter Reichenbach „kennenzulernen“, der ein paar interessante Anekdoten und Fakten erzählen konnte über den Film. Dazu später mehr. Erst einmal zur Handlung.
Gregorius ist ein Lateinlehrer in einem Gymnasium in Bern, rettet zufälligerweise eine junge Frau vor dem Suizid. Im fällt dabei ein Buch von Amadeu de Prado in die Hand, in welchem sich auch noch eine Fahrkarte nach Lissabon steckt. Abfahrt in 15 Minuten. Gregorius rennt also geschwind in den hässlichsten Bahnhof überhaupt (ich meine den Bahnhof in Bern) und wartet dort auf die junge Frau. Sie taucht nicht auf und Gregorius springt in den fahrenden Zug (der unerklärlicherweise seine Türen offen behält, was ein Kompromiss gewesen sei, sagte Reichenbach nach der Vorführung. Jeder der den Film gesehen hat, weiss was gemeint ist.) Dann geht die eigentliche Story los. Gregorius macht sich auf die Suche nach Amadeu de Prado und erfährt dann einiges über persönliche Schicksale und die portugiesische Zeitgeschichte. Alles fügt sich zusammen. Ich habe zum Beispiel aufrichtiges Mitleid für Jorge O'Kelly empfunden, als er mitansehen musste wie sein bester Freund mit seiner Freundin durchbrennt.
Die Liste der Schauspieler ist natürlich fantastisch. Bruno Ganz ist schon alleine ein Argument für mich, einen Film anzuschauen. Martina Gedeck, Mélanie Laurent, von diese beiden würde ich wohl schon als Fan bezeichnen. Dass Count Doku, Entschuldigung ich meine natürlich Christopher Lee, für eine schweizer Produktion gewonnen werden konnte, ist für mich eine Sensation. Von Charlotte Rampling müssen wir gar nicht anfangen. Alle Schauspieler werden ihrem guten Ruf gerecht, was mich umso glücklicher macht.
Was mich hingegen gestört hat, was Hanspeter Müller. Es gibt wohl keinen schweizer Film in der dieser Typ nicht mitspielt. Schade verfällt dieser schweizerische Film in diesem Punkt wieder in alte Gewohnheiten.
Ebenfalls genervt hat mich das blinde Herunterbeten irgendwelcher Zitate aus dem Buch von Amadeu de Prado oder dieses Zitat: „Das Grün der Wiesen ist in der Erzählung, grüner als in der Realität.“, dass von einem Kritiker als „Kalenderspruch“ bezeichnet wurde und der Produzent Reichenbach uns Zuschauern darauf wutentbrannt sagte, dass diesem offensichtlich nicht geholfen werden kann. Herr Reichenbach, das Zitat an sich ist ja nicht das Problem, ich habe auch als philosophisch interessierter Mensch ein grösseres Problem damit, dass man einfach sinnlos Zitate in den Raum wirft und gar nix damit anfängt. Der Autor des ursprünglichen Romans ist ja emeritierter Philosophie-Professor. Ich glaube kaum, dass es seine Intention gewesen sein kann, dass einfach Zitate unverbraucht in der Luft verpuffen. Das funktioniert vielleicht in einem Buch, aber in einem Film hat man gar keine Zeit über solche Texte nachzudenken. Das hätte man eleganter mit grösseren Blöcken, in denen Zitate aus dem Werk von Amadeu de Prado auftauchen, gelöst werden, finde ich.
Grundsätzlich macht der Film aber einen guten Eindruck. Es ist sicherlich eine gute Werbung für Portugal und Lissabon im speziellen.
Ich habe mir den Film in synchronisiertem Deutsch angeschaut und war mit dieser zufrieden, werde mir aber den Film hoffentlich auch noch in der Originalsprache Englisch anschauen.
Gutmütige: 8/10
Hier noch eine  Anekdote zum Film. Jeremy Irons, der Gregorius spielt, ist normalerweise Kettenraucher und konnte selbst auf dem Set kaum aufhören zu rauchen. In der einen Szene mit Bruno Ganz gegen Schluss, als er den Nichtraucher Gregorius der, vermeintlich, die erste Zigarette raucht und heftig hustet, muss Irons genau das Gegenteil spielen. Finde ich ziemlich witzig.

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