Dienstag, 9. Januar 2018

Rezension: Matthias Küntzel – Djihad und Judenhass. Über den neuen antijüdischen Krieg (2003)

Der Buchtitel.
Der Titel liess mich zuerst etwas die Stirn runzeln. Was soll das heissen "Über den neuen antijüdischen Krieg"? Inwiefern war der islamistische Terror gegen Juden etwas Neues? War der islamistische Hass gegen Juden nicht etwas was es bereits seit etwa 100 Jahren gab? Ich erinnerte mich dabei noch gut an die Lektüre von Abdel-Samads "Der islamische Faschismus" in dem sich der Autor mit der Verbindung von islamistischen Gruppen, insbesondere der Muslimbruderschaft und der nationalsozialistischer Ideologie beschäftigte.

Auch Küntzel widmete sich diesem Thema. Die Lektüre wies mich auf verschiedene Dinge hin, die ich vorher nicht wusste. So betonte Küntzel, dass im arabischen Lager die Haltung zum Zionismus in der Phase vor 1948 nicht eindeutig war. So war die ägyptische Regierung lange sympathisch gegenüber der Jewish Agency eingestellt und viele Araber*innen in Palästina versuchten sich mit den Zionisten zu arrangieren. Allgemein war die arabische Bevölkerung sowohl in Ägypten als auch in Palästina äusserst heterogen. Frauen zogen sich so verschieden an, trugen teilweise europäische Hüte um sich von der Unterschicht abzuheben.

Der Islamismus insbesondere derjenige der Muslimbruderschaft versuchte die Bevölkerung zu homogenen Verhalten zu zwingen argumentiert Küntzel. Mit Erfolg. Judenhass wurde von islamistischen Gruppen wie der Muslimbruderschaft und dem Mufti von Jerusalem stark propagiert unter der arabischen Gesellschaft. Israel ist gemäss dem Islamismus mit seinem Pluralismus das Gegenteil der islamistischen Gesellschaft. Küntzel kommt letztlich zum Schluss, dass Djihadismus und Antisemitismus untrennbar verbunden sind. So gelten in der islamistischen Ideologie die USA als "jüdisch kontrolliert" und Israel als "amerikanischen Fremdkörper" im islamischen Bereich.

Was mir wirklich geblieben ist, ist die Betonung von Küntzel darauf, dass der Judenhass der arabischen Welt keine Selbstverständlichkeit ist. Einzelne Akteure verbreiteten diese Ideologie ganz gezielt und wurden hier insbesondere vom Nationalsozialismus unterstützt. Küntzel unterscheidet sich stark von älteren Werken dadurch, dass er die Rolle des Mufti von Jerusalem anders betont. So bezeichnet Küntzel den Mufti explizit als Kriegsverbrecher dafür, was al-Husseini für eine Rolle beim Einsatz von muslimischen Truppen auf dem Balkan anging. Für Küntzel war der Mufti nicht nur ein kleines Rädchen im NS-Apparat, sondern hat sich aktiv dafür eingesetzt, dass die NS-Ideologie sich in der arabischen Welt einige Sympathisanten verschaffte. Fast wäre der Mufti vor dem Nürnberger Militärtribunal gelandet, das wurde aber verhindert. So konnte al-Husseini weiter aus seinem Exil in Ägypten gegen die jüdische Präsenz im Nahen Osten agitieren.

Geblieben ist mir auch, wie Küntzel Arafat beschrieb. So weist Küntzel darauf hin, dass die Grenzen zwischen dem Islamismus und dem "Befreiungskampf" der PLO z.T. keine grosse Unterschiede bestanden.

(Kurze Anmerkung: Ich habe den Text einen Tag nach der Lektüre verfasst. Den Text habe ich relativ schnell geschrieben, deswegen entschuldigen Sie bitte allfällige Flüchtigkeitsfehler. Ich wollte meine Lektüreeindrücke nicht für mich behalten.)