Donnerstag, 31. Dezember 2015

"The Philosophers" & "Irrational Man" - Zwei Spielfilme über Philosophie

Ich habe zwischen Weihnachten und Silvester per Zufall zwei Filme gesehen, die sich beide mit Philosophie und so beschäftigen. Also ideales Futter für mich!

"The Philosophers" (bzw. After Dark) 2013
Spürt ihr die romantische Tiefe? Also ich nicht.
 Eine Gruppe Studierender macht ihren Abschluss. Und um das etwas zu feiern, machen sie mit ihrem Philosophie-Dozent noch ein letztes grosses Gedankenexperiment. Man stelle, sich vor: Eine atomare Apokalypse und es kann nur eine kleine Zahl in einem Bunker gerettet werden. Jeder der Studierenden hat eine Rolle, einen Beruf und spezielle Fähigkeiten zugewiesen bekommen. Wer soll jetzt in den Bunker mitgenommen werden? Und wer bleibt draussen dem Tod überlassen? Hat es beispielsweise Platz für einen Dichter oder einen schwulen Bio-Bauern, wenn man die Population neu aufbauen will? Alles unangenehme Fragen, wie es sich für ein gutes Gedankenexperiment gehört.

Was passiert, wenn man sich in ein Gedankenexperiment zu fest hineinsteigert, zeigt dieser Film. Nach den mehreren Runden scheint das Leben der Studierenden plötzlich ganz anders zu sein. Der Dozent kommt mit seiner pragmatischen, konsequenzialistischen Herangansweise ganz schlecht weg. Meines Erachtens zu Unrecht.

Und dann gibt es noch Petra, die hoffnungslose Deontologin, für die alle Menschen "gleich viel wert" sind, egal wiewenig Nutzen beispielsweise eine Weinhändlerin beim Aufbau der Menschheit gegenüber einem promovierten Chemiker hat. Der Dozent wendet korrekterweise ein, dass die Gruppe dem Untergang geweiht ist, wenn sie nur aus Schöngeistern besteht. Petra stimmt zu, aber sagt dann durch die Blume, dass das ja sowieso völlig egal ist. Ich sagte ja, eine hoffnungslose Deontologin.

Auf jeden Fall regt der Film zum Denken an und ist stellenweise echt spannend und etwas extrem. Nichtsdestotrotz hat die Geschichte aber einige Macken. Das der Film in Jakarta spielt, will mir einfach nicht in den Kopf. Wahrscheinlich hat es irgendetwas mit der Filmförderung zu tun. Storytechnisch macht es aber schlichtweg keinen Sinn. Der letzte Akt des Films wirkt etwas aufgesetzt, insbesondere der Dialog. Wieso sprechen sie mit einander, wenn sie schon von Anfang an wissen, dass es nicht klappt. Und dieser Pathos in dieser Szene und im Rest des Films. Muss das sein?

5/10

"Irrational Man" 2015
 
Spazieren gehen mit dem Prof? Läuft bei Dir!

Der grossartige Joaquin Phoenix spielt Abe Lincoln einen Philosophen, der in einem kleineren College einen Aufenthalt macht. Lincoln ist unzufrieden mit seinem Leben, hat Schreibblockaden und sieht im Leben wenig Sinn. Daran kann auch eine Affäre nichts ändern. Erst als er beschliesst er jemanden zu töten. Das gibt ihm einen neuen Lebenswillen und Antrieb, drängt ihn letztlich aber genau ins Verderben.

Folgende Aspekte des Filmes haben mich motiviert ihn anzuschauen:
  • Es ist ein Woody Allen-Film.
  • Es geht um einen lüsternen Philo-Prof.
  • Emma Stone und Joaquin Phoenix spielen mit.
Ich wurde nicht enttäuscht. Zwar könnte ich jetzt darüber meckern, dass das Philosophie-Studium nicht korrekt dargestellt wird (wie bei "The Philosophers" noch viel schlimmer) und Abe Lincoln "Bla-Bla-Bla"-Kalendersprüche von sich gibt, für die akademische Philosophen in der echten Welt gesteinigt werden würden, aber der Film ist gut. Das Schicksal von Abe Lincoln ist derart ironisch. Der Charakter ist glaubwürdig und nicht derart lüstern, wie es die Inhaltsangaben des Filmes vermuten liessen.

Ich will nicht zu viel vom Inhalt verraten, aber dass ein frustrierter Mensch beim radikalen Versuch aus dem Loch zu kommen noch mehr scheitert ist einfach so köstlich.

8/10


Donnerstag, 24. Dezember 2015

Kritik am FC Wil extrem ressentimentgeladen

In der heutigen Ausgabe des St. Galler Tagblatts schreibt Christof Krapf davon, dass der FC Wil die "Bayern der Schweizer Liga" sei.

Krapf kritisiert die Transferpolitik des FC Wils. Er schreibt, dass der FC Wil, wie die Bayern den Konkurrenten Spieler abkaufen wollen würden, um die eigene Mannschaft zu stärken und, für Krapf noch viel schlimmer, um den Gegner zu schwächen. Die Kritik an Bayern ist extrem ressentimentgeladen, wie Chucky Goldstein in seinem Vortrag zeigte.

Schauen wir nun einmal an, was der FC Wil gemäss Krapf falsch gemacht hat. Die AG hat von Leader Lausanne-Sport den Topskorer Roux gekauft. Der FC Wil musste dafür vermutlich tief in die Tasche greifen. Es musste eine Ablösesumme bezahlt werden.

Hätte Lausanne auf dieses Angebot eingehen müssen? Nein. Offensichtlich bringt dieser Transfers für alle drei Parteien etwas und entstand aus einem Konsens aller Parteien und ist daher alles andere als verwerflich.

Was zeigt, diese etwas seltsame Kritik von Krapf? Scheinbar gelten für den Sport andere Regeln als für andere Aspekte der Wirschaft. Denn Profi-Fussball ist heute nichts anderes als ein Geschäft. Wir leben in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem und das ist auch gut so meines Erachtens. Der Fussball ist heute Teil dieses Systems. SpielerInnen müssen damit ihren Lebensunterhalt bestreiten, sind gegen Unfälle versichert und müssen Abgaben leisten. Dazu gibt es Dienstleistungen (SpielerberaterInnen), die dieses Humankapital an die ensprechenden Teams bringen. Aber gemäss Krapf muss man sich an gewisse Regeln halten beim Erwerb von Arbeitskraft im Fussball.

Die allgemeine Kritik an den neuen Geldgebern des FC Wil ist total ressentimentgeladen. Oft hörte man in Kommentaren beim Blick davon, dass es doch besser gewesen wäre, wenn ein lokaler Mäzen eingesprungen wäre. Aber was ist genau der Unterschied? Ist das Geld aus der Türkei "dreckig" und das aus der Schweiz in Ordnung? So eine Unterscheidung erscheint mir doch sehr diskriminierend.

In der Tat kam bei Kommentaren gehäuft die Angst auf, dass die "bösen Türken" ihr Geld geklaut hätten und sonst überhaupt nicht koscher wären.

So schrieb einer:

Die FINMA soltte den Geldfluss genau beobachten dass da kein Schwarzgeld hin und her geschoben wird. Spielerkauf/-verkauf vom Auslands ins Ausland, und um das geht es beim Aufkauf vom FC Wil, ist oft an der Limite der Finanzgesetze.
Andreas Nobel schrieb:
Ich hatte bislang mit einigen Türken zu tun und denen ist überhaupt nicht zu trauen. [...]
Urs Reiter, kritisierte, dass die "bösen Türken" den Schweizer Talenten keine Chance geben. Wie er auf diesen Schluss kommt bleibt unklar:
Vor nicht allzulanger Zeit hat Herr Bigger und seine VR-Kollegen noch davon gesprochen, eigenen, jungen, regionalen Spielern eine Chance bieten zu wollen, gesprochen.
Er hat auch sentimental gemacht, als es um 40 Arbeitsplätze in der Region ging und um das Sponsorennetzwerk in der Region. Heute interessiert niemand, dass die Arbeitsplätze dennoch verloren gehen und wieder Fremde herumwildern. Guter Schachzug für unsere Nachwuchstalente! Neben bei ist ja Herr Bigger Finanzchef in der SFL....
In einem anderen Blick-Artikel fragt sich Franz Schreiber:
Ob wirklich ALLES mit Geld machbar ist?  
 Würde Schreiber dies bei der UBS schreiben, wenn diese bei der Credit Suisse einen Top-Manager ablösen würde?

Christof Krapfs zeigt mit seinem Kommentar auch, dass er die genauen Strukturen des FC Wils nicht kennt. So schreibt er, dass Mehmet Günal Präsident des FC Wils sei. Tatsächlich ist aber Murathan Günal, der Sohn Mehmet Günals der Präsident. Ein einfacher Blick auf Wikipedia hätte gereicht.