Freitag, 17. Juli 2015

Reaktion zu "Es wird lauter im Bergholz"

Wird das Bergholz bald von leidenschaftlichen TürkInnen überrannt? Ich denke nicht. (Bild: Gemeinfrei)
Momentan scheint ja bei gewissen Zeitungen eine Art Sommerloch zu bestehen. Der Blick übertrifft sich mit neuen Erkenntnissen über die Lohnstruktur und anti-türkischen Äusserungen. Aber auch das Tagblatt und ihr Regionalteil die Wiler Zeitung beschäftigen sich seit Tagen nur noch mit dem FC Wil. Die Frage sei erlaubt, ob so kritisch über einen Investor berichtet wird, wenn es um den FC St. Gallen gehen würde.

Als Fans könnte uns diese negative Berichtserstattung mehr oder weniger egal sein. Doch nun berichtete die Wiler Zeitung heute über das Thema Fans. Die Prämisse des Textes ist schon einmal sehr befremdlich. Da es sich um türkisches Geld handle, müsse dies ja auch türkische Fans anziehen. Dann beschäftigt sich das Blatt mit der Lautstärke und dem Gewaltpotenzial dieser hypothetischen Fans. Diese Türken, die angeblich bald zu den Spielen des FC Wil strömen würden, seien unglaublich laut, aber anständig. Im Gegensatz zu den "bösen" und "aggressiven" balkanstämmigen Fans. Dies behauptet zumindest der Präsident des OFV Stephan Häuselmann. Warum Hans Suter Herrn Häuselmann, der sich mit Breitensportfussball beschäftigt, zum Profifussball befragt, bleibt schleierhaft.

Ach ja und schweizerische Fans gibt es übrigens auch. Und die meisten Hooligans seien sowieso Schweizer. Was spielen Nationalitäten hier überhaupt für eine Rolle? Kriegen wir das Problem in den Griff wenn wir die Fans je nach Nationalität mehr oder weniger gut durchsuchen und überwachen?
Ausserdem: Was ist mit uns Fans, die seit Jahrzehnten an die Spiele des FC Wils gehen. Und damit meine ich nicht nur die aktive Fanszene im Sektor D sondern auch der Sektor B. Hat Hans Suter tatsächlich das Gefühl der FC Wil wird von türkischstämmigen Fans überrannt, die nun die Stimmung im Bergholz bestimmen? Nichts gegen Türken, aber die Fanszene des FC Wil ist kein leerer Raum. Das gilt für alle Fans die neu zu den Spielen des FC Wils kommen.

Zuerst veröffentlicht bei Sektor D

Freitag, 10. Juli 2015

Meine ambivalente Haltung zu den Investoren beim FC Wil

Bald vergangene Bilder? (Bild: von mir in Lugano im Februar 2015,
CC BY-NC-SA 4.0)
Ich hab mich an anderer Stelle auf diesem Blog bereits zu Entwicklungen im modernen Fussball geäussert. Bei Red Bull Salzburg und RB Leipzig, habe ich festgestellt, dass es sich um eine besondere Form davon ist, was momentan allgemein im Fussballgeschäft passiert. Red Bull hat in den Fussball oder in den Spitzensport nichts wesentlich neues gebracht, es handelt sich nur um eine neue Dimension.

Als in Wil das Bergholz in IGP-Arena umbenannt wurde, wehrte ich mich dagegen. Auch weil der Verein falsch mit Kritik umging. Mir war immer klar, dass heutzutage ein Verein auf Geld seiner Sponsoren angewiesen ist. Ohne geht es - zumindest im Profifussball - nicht mehr. Gleichzeitig müssen wir aufpassen, dass wir nicht alle Grundwerte über Bord werfen. Es kann beispielsweise nicht sein, dass eine Fankurve akzeptiert und gefördert will, weil sie sich für das Marketing eignet, aber schliesslich abgeklemmt wird, wenn die Szene sich unbequem äussert.

Ähnlich sieht es bei mir auch bei den neuen türkischen Investoren der MNG-Gruppe die den FC Wil nach vorne bringen wollen. Die FIFA will third-party ownerships im Fussball verhindern. (Warum sich die FIFA auf solche obskuren Dinge konzentriert und nicht am System Fussball grössere Dinge verändert, ist mir schleierhaft.) Es ist klar, dass der FC Wil Geld für seinen Spielbetrieb braucht. Es geht offensichtlich nicht ohne solche Finanzierungsquellen. Merchandise, Eintritte und Prämien reichen in der NLB einfach nicht.

Aber dennoch: Es ist irgendwie nicht der Fussball den ich mir wünsche. Mir ist aber auch klar, dass diese romantische Vorstellung von Fussball niemals existiert hat und wohl auch gar nicht existieren kann beim heutigen Fussball.

Ich bin innerlich gespalten. Schön wäre es aufzusteigen ohne grosses Budget nur mit engagierten Spielern und einem guten Coach. Aber das passiert höchstselten. Darmstadt ist vielleicht eine Ausnahme.

Und ich muss auch zugeben: Mit dem Loser-Image des FC Wils habe ich mich in den vielen Jahren auch mittlerweile auch angefreundet. Ich hänge schon fast daran. Dass eine solche Übernahme überhaupt möglich ist, liegt daran, dass der FC Wil seit seiner NLA-Zeit eine AG ist. Das Thema FC Wil 1900 AG ist aber ein ein anderes Thema, welches es verdient hat andernorts nochmals besprochen zu werden.

Freitag, 26. Juni 2015

Tierschutz, DPS, Religionsfreiheit und das Schächten

Angus-Rinder, welche meist für Fleisch getötet werden. (Scott Bauer, Public Domain: Quelle)
Wer sich die Reden des DPS-Präsidenten Ignaz Bearth anhört, wird merken, dass er das Thema "Tierschutz" immer wieder betont. Wie mit diesem Thema in der rechten Szene umgegangen wird. Meistens zeigt der Begriff "Tierschutz" bereits, dass ich mit der Herangehensweise nicht viel anfangen kann. Es wird zum Beispiel nicht gefragt, ob man denn überhaupt schlachten muss, sondern nur wie man "tierfreundlicher" schlachten kann. Ich habe mir also das Parteiprogramm der Kleinstpartei DPS angeschaut.
Tiere brauchen genügend Platz, um Artgerecht (sic!) leben zu kennen (sic!). Was wir der Natur nehmen, sollten wir auch mit Respekt behandeln. Wir haben, wie auch gegenüber der Natur, den Geschöpfen der Natur eine Verantwortung zu tragen. Angemessener Platz und Haltung sind für uns wichtige Aspekte des Tierschutzes. Tageslicht, frische Luft, Auslauf sind Dinge welche der Mensch braucht, bei den Tieren ist es nichts anderes. Auch sie fühlen, empfinden & leben. 
Wenig Konkretes. Nicht ungewöhnliches für ein Parteiprogramm. Konkreter, sehr viel konkreter wirds beim Thema "Schächten":
In der Schweiz ist es seit 1893 verboten zu schächten. [Anmerkung: Erste eidgenössische Volksinitiative die angenommen wurde, mit ua. antisemitischen Motiven.] Leider gibt es trotzdem Personen in der Schweiz die das tun. Sobald Hinweise vorliegen oder Vermutungen sollte man diesen vermehrt nachgehen. Denn es ist eine absolute Frechheit aus religiösen Gründen auf diese brutale Art und Weise zu töten. Auch kam es in naher Vergangenheit dazu, dass zum Beispiel Asylanten Tiere von der Weide gestohlen haben, die Tiere auf skandalöse Weise scha chteten und das Fleisch dann im Asylheim im Kühlschrank aufbewahrten. Solch ein Verhalten dulden wir in der Schweiz in keiner Art und Weise! 
Es ist höchst interessant, dass genau dieser Aspekt aus dem ganzen Bereich der ganzen Tierschutzdebatte herausgegriffen wird. Bemerkenswert ist auch die Verbindung zur Asyl-Thematik. Plötzlich bringt man auch noch Asylsuchende mit in die Schächtdebatte. Eins ist auf jeden Fall klar: Die echten SchweizerInnen sind auf jeden Fall nicht das Problem, sondern die "von ausserhalb".

Ich habe mich an anderer Stelle bereits zur Debatte zur Schächtdebatte geäussert. Der Artikel hatte einen starken Bezug auf Antisemitismus und streifte die Islamfeindlichkeit, wenn überhaupt, nur am Rande. Die DPS richtet sich mit ihrem Statement gegen das Schächten tendenziell gegen die Muslime.

Um es hier einmal klar zu sagen: Ich bin der Meinung, dass Religionsfreiheit einfach Gewissensfreiheit ist. Man darf also glauben was man will, egal wie absurd und irrational etwas ist. Es sollte aber kein Unterschied zwischen Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit geben. Was bedeutet das? Religionsfreiheit geht weiter als die Meinungsfreiheit. Gewisse Handlungen sind erlaubt, wenn sie eine religiöse Komponente enthalten, die im weltlichen Raum nicht zugelassen sind. Mein Lieblingsbeispiel sind die Sikh, die auf Flügen ihre traditionellen Dölche mitnehmen dürfen, obwohl man das wegen Sicherheitsbedenken nicht mehr darf.

Eine solche Ausdehnung der Religionsfreiheit halte ich für nicht sinnvoll. Eine religiöse Gemeinschaft sollte nicht mehr Vorteile haben als eine andere Gruppe die sich über eine Idee begreift. Oder würden wir einer politischen Gruppe das Recht zu gestehen, Dinge zu tun, die sie sonst nicht tun würden? Wenn wir zum Beispiel annehmen würden, dass ein Mitglied einer Offiziersgesellschaft sich nicht von seiner Pistole trennen möchte, dann machen die Sicherheitsbehörden hier ja auch keine Ausnahme.

Die Schächtfrage ist aber aus einem anderen Grund interessant. Auf der einen Seite ist klar, dass Schächten eine brutale Weise ist zu sterben. Aber ich denke, diese Schlachtmethode ist nicht wesentlich besser oder tierfreundlicher als andere Methoden nicht-menschliche Tiere zu töten. Eine Jagd ist für ein Reh sicherlich unangenehmer als geschächtet zu werden. 

Ich denke man kann das Schächten sicherlich verbieten, aber schlussendlich nur, wenn man alle anderen Schlachtmethoden verbietet, die an nicht-menschlichen Tieren praktiziert werden. Es geht der DPS definitiv nicht um das Wohl der Tiere, wenn sie sich mit dem Schächten befasst.

Montag, 15. Juni 2015

Review: "Silicon Valley" - Season 2

Dinesh und Gilfoyle, zwei Angestellte von Pied Piper. (HBO: Frank Masi, Fair Use)
 Ich hatte ja bereits über die erste Staffel eine Review über die HBO-Serie "Silicon Valley" verfasst. Es geht darin um eine junge Firma, die sich auf Videokompression spezialisiert haben. Gerade für Firmen mit einer extrem grossen Medienbibliothek haben ein Interesse daran, dass ihre Videos möglichst stark komprimiert werden. Damit können Server, Traffic und damit bares Geld gespart werden.

In der Serie ist einer der Interessen eine Pornoproduktionsfirma. Und es stimmt: Innovation kommt im Medienbereich sehr oft aus dieser Branche. 4k-Video ist bei vielen Plattformen bereits Standard.

Bei Pied Piper ist die Hölle los. (HBO: Screenshot des Autors, Fair Use)
Die Serie hat hier einen starken Realitätsbezug, gerade wenn man daran denkt, dass sich gerade HEVC (High Efficiency Video Coding) durchsetzt. HVEC (H.265) ist doppelt so effizient wie H.264. Wir sparen also die Hälfte der Grösse ein ohne Qualitätsverlust. Und denken wir an die neuen Codecs wie x265, die recht neu sind. Der Codec x265 konnte sich bisher noch nicht ganz durchsetzen. Das sieht man beispielsweise daran, dass es in der Warez-Scene (aus der viele "Raubkopien" stammen) noch kein rule agreement zu x265 gibt.

Aber zurück zur Serie. Eine solche Firma ist kein Selbstläufer, das weiss man seit der ersten Staffel. Auch in der zweiten Staffel kommt es wieder und wieder zum Schlagabtausch mit Hooli (einer Art Parodie von Google).

Die Macher der Serie haben einen guten Job gemacht, denn die Aufgabe nach der grossartigen ersten Staffel auf einem so hohen Niveau zu bleiben humortechnisch, war nicht einfach.  Die zweite Staffel war gut geschrieben, aber vielleicht nicht ganz so lustig wie die erste. Anschauen lohnt sich aber auf jeden Fall!

Samstag, 6. Juni 2015

Red Bull im Fussballgeschäft - Gute Sache oder Tod des Fussballs?

Im Jahr 2005 solidarisierte sich auch die Wiler Fanszene (hier in Wohlen) mit der SV Austria.
2005 übernahm die Getränkefirma Red Bull die SV Austria Salzburg. Damals hatten die Fans grosse Hoffnungen. Für uns in der Schweiz völlig unvorstellbar, hat Sponsoring im Fussball in Österreich eine ganz andere Dimension. Austria Salzburg hatte mehrfach Sponsornamen im Vereinsnamen:
  • 1973 bis 1976 SV Gerngroß A. Salzburg (Ein Kaufhaus)
  • 1976 bis 1978 SV Sparkasse Austria Salzburg (Eine Bank)
  • 1978 bis 1997 SV Casino Salzburg (Ein Casionobetreiber)
  • 1997 bis 2005 SV Wüstenrot Salzburg (Eine Versicherung)

Das Logo von 1978 bis 1997. Das "C" steht für den Namenssponsor "Casino Austria".
Wenn man bedenkt, dass sich zum Beispiel die Phase zwischen 1978 bis 1997 im Logo ausgedrückt hat, muss man sich wirklich fragen, was am Red Bull-Einstieg so besonders war.

Ist der Red Bull-Einstieg besonders?
Hier einige Dinge die 2005 geändert wurden:
  • Der Name wurde zu FC Red Bull Salzburg gewechselt.
  • Die Klubfarben wurden faktisch geändert in die Farben von Red Bull.
  • Das Logo des Vereins wurde faktisch durch das Markenzeichen von Red Bull ersetzt.
  • Der Verein wollte als Gründungsjahr 2005 angeben lassen, wollte also auf alle Erfolge in der Vergangenheit verzichten, das schaffte der Verein aber nicht. Mittlerweile verweist der Verein wieder auf seine Tradition.
  • Red Bull kontrolliert den Verein per Sonderrecht in der Satzung.
Setzen wir diese Dinge etwas in Relation. Das der Namen gewechselt wurde ist nichts besonderes meiner Meinung nach, hingegen die Farben des Vereins aufzugeben schon. Das das Logo effektiv durch das Logo der Marke ersetzt wurde ist eine neue Dimension, aber an sich auch nicht etwas völlig Neues. Die Sache mit dem Gründungsjahr und den Verzicht auf jegliche Tradition und so weiter, hat sich mittlerweile auch erledigt. Bleibt nur noch die mangelnden Mitsprachemöglichkeiten im Verein. Dieser Punkt muss meines Erachtens definitiv kritisiert werden.

RB Leipzig?
Bei RBL sind einige Dinge anders gelaufen. So ist kein namhafter Verein übernommen worden, sondern der Verein ist quasi aus dem Nichts entstanden. Bei RedBull Salzburg könnte man noch von einem Verein sprechen, weil er auch eine gewisse Zahl an Mitgliedern hat, während die Leipziger in den ersten fünf Jahren unter zehn Mitglieder hatten. Mittlerweile hat sich dieses Verhältnis gebessert, nur sind die Mitgliederbeiträge sehr, sehr hoch. Das Ausmass an Kritik an Red Bull hat ein neues Level erreicht seit RB in die 3. Liga kam. Viele Fans diverser Vereine haben sich an diesem Diskurs beteiligt, in dem sie sich eigentlich auf der anderen Seite befinden sollten. So zum Beispiel Fans des FC Ingolstadt (gegründet 2004 und Sponsor hauptsächlich Audi) oder die des TSG Hoffenheim (die vom SAP-Gründer Dietmar Hopp in die Bundesliga gehoben wurden). Diese Gruppen engagieren sich in der Nein-zu-RB Kampagne. Störend ist, dass Kritik von den Verantwortlichen wo immer möglich unterbunden wird. Beispielsweise im Stadion.

Ich glaube wir müssen kritisieren, dass Werbung zum Selbstzweck wird, wenn man einen solchen Verein hat. Alles, wirklich alles ist auf die Vermarktung ausgelegt ist. Wir dürfen aber die Selbstkritik nicht vergessen. Red Bull ist scheisse. Red Bull ist nicht den Fussball den ich will. Aber seien wir an dieser Stelle einmal ehrlich: Wenn wir RB kritisieren, dann müssen wir den Fussball als Ganzes kritisieren, wie er heute funktioniert. Auch bei unseren Vereinen wird der Verein durchkommerzialisiert. Stadionnamen werden verkauft und alles wird probiert um Fussball für die Konsumierenden auf den Couches attraktiver zu machen. In derart vielen Vereinen werden Vereine in AGs umgewandelt und die FussballanhängerInnen nicht in den Prozess miteinbezogen. Eine Möglichkeit sind die fangeführten Vereine wie die neugegründete SV Austria Salzburg, der FC United of Machester, der AFC Wimbledon oder der HFC Falke.
 
Für viele Vereine sind Ultras nur eine Möglichkeit den Verein zu vermarkten. Dagegen müssen wir und ich uns wehren! Wir dürfen beim Thema Red Bull keinen Double Standard aufbauen.

Weiterlesen zur Thematik
Dissidenti Ultra Düsseldorf: "Scheiss Bullen - Das Problem ist das System".
http://dissidenti-ultra.de/scheiss-bullen-das-problem-ist-das-system/

Pugnatores Ultras (FSV Frankfurt): "Auswärtspiel RB Leipzig".
http://ultra385.de/?p=1374

Supporters Club Düsseldorf: "Früher galten Kunst oder Yachten als Statussymbol - heute Fußballspieler und ganze Vereine".
http://www1.scd2003.de/index.php?id=42&tx_news_pi1[news]=56&tx_news_pi1[controller]=News&tx_news_pi1[action]=detail&cHash=ae175f677a7b54ed7155e81079efbeaf

Vice Sports: "'Stellt sie an die Wand'——Wie sich die Kritik an RB Leipzig der Nazi-Rhetorik bedient".
https://sports.vice.com/de_de/article/stellt-sie-an-die-wandwie-sich-die-kritik-an-rb-leipzig-der-nazi-rhetorik-bedient

Matthias Kiessling (Die Zeit): "Red Bull ist nicht das Problem."
http://www.zeit.de/sport/2015-04/rb-leipzig-profifussball-wettbewerb

Alex Feuerherdts Interview mit Nico Neubert von den sog. "Ultras Red Bull" (Gruppe ist Satire): "Für den modernen Fusssball".
http://jungle-world.com/artikel/2010/34/41620.html

"Ultras Red Bull Leipzig": "Ultra-Manifest der URBL".
https://ultrasrbl.wordpress.com/2010/07/11/%e2%80%9eultra-manifest%e2%80%9c-der-urbl/


Samstag, 16. Mai 2015

Peter Singer an der Uni Zürich: Schlechte Erinnerungen

Peter Singers TED-Talk. (Lizenziert unter CC: Quelle)
 Im Mai 1991 war Singer bereits einmal an der Uni Zürich zu Gast gewesen. Es wurden während dem Vortrag "Singer raus! Singer raus!" gerufen.(1) Ein Demonstrant hatte sogar Singers Brille entrissen und zu Boden geworfen. Singer brach schliesslich den Besuch ab.(2) Die Kritik richtete sich gegen die Thesen von Singer zu Abtreibungen und Infantizid gerade von behinderten Kindern.

Nun ist 24 Jahre später Singer wieder zu Gast an der Uni Zürich. Am 18. Mai spricht er zum 20. Jubiläum des Ethik Zentrums über Effective altruism.

Gerade ist in Deutschland die Debatte wieder hitzig losgebrochen. Scheinbar ist die Diskussion von Singers Thesen auch nur im deutschsprachigen Raum derart vergiftet. Zum Beispiel gerade ganz extrem auf RollingPlanet.net, einem Internet-Portal für Behinderte.(3) Aber auch linke Publikationen wie die Junge Welt sind für recht harsche Kritik an Singer zu haben. Wobei mir nicht ganz klar wird, was sie genau an Euthanasie an Kindern mit Spina bifida auszusetzen haben.(4) Der Humanistische Pressedienst lieferte schliesslich ein Interview mit Michael Schmidt-Salomon zum Artikel der jW. Schmidt-Salomon:
In Deutschland wird immer wieder behauptet, Peter Singers Position sei "behindertenfeindlich", obwohl er selbst für eine "behindertenfreundlichere Politik" eintritt. In dem heftig umstrittenen Buch "Muss dieses Kind am Leben bleiben?", das Peter Singer zusammen mit Helga Kuhse schrieb, heißt es dazu: "Wir meinen, dass die reichen Nationen sehr viel mehr tun sollten, um behinderten Menschen ein erfülltes, lebenswertes Leben zu ermöglichen und sie in die Lage zu versetzen, das ihnen innewohnende Potential wirklich auszuschöpfen. Wir sollten alles tun, um die oft beklagenswert schlechte institutionelle Betreuung zu verbessern und die Dienstleistungen bereitzustellen, die behinderten Menschen ein Leben außerhalb von Institutionen und innerhalb der Gemeinschaft ermöglichen". Man muss dazu auch wissen: Weltweit wird Singer angegriffen, weil er "linke Positionen" vertritt, nur im deutschsprachigen Raum wird ihm merkwürdigerweise das komplette Gegenteil vorgeworfen. Ich habe auf diese sowie verschiedene andere Punkte bereits vor vier Jahren hingewiesen. Leider hat dies an den Vorurteilen gegenüber Peter Singer nur wenig geändert.(5)
Hierzu gibt es meinerseits nichts hinzuzufügen.
________________
(1): Peter Singer: Praktische Ethik, Stuttgart 1994, S. 449.
(2): Vgl. auch https://en.wikipedia.org/wiki/Peter_Singer#Protests
(3): Vgl. http://rollingplanet.net/2015/05/12/stoppt-peter-singer/
(4): Vgl. https://www.jungewelt.de/2015/05-12/018.php
(5): http://hpd.de/artikel/11717

Freitag, 15. Mai 2015

Leid reduzieren: Darum ja zur PID-Vorlage

Am 14. Juni wird unter anderem über die Präimplantationsdiagnostik-Vorlage (PID) abgestimmt. Die Schweiz hat eines der strengeren Gesetze zur Fortpflanzungstechnologie. Das finde ich schade. Die Vorlage versucht hier etwas nachzuholen, was viele Länder bereits erfolgreich eingeführt haben.

Wie funktioniert PID?

Worum geht es?
Heute darf man nur so viele Embryonen züchten, wie man auch einpflanzen kann (d.h. drei Eizellen). Die Änderung ist eigentlich nur ein Nebensatz. Mit der Vorlage sollen eine grössere Zahl an Eizellen (d.h. 12 Eizellen) herangezogen werden können. Man kann damit das Risiko von gefährlichen Mehrlingsgeburten senken. Allgemein werden Risiken für Mutter und Kind gesenkt.

Erbkrankheiten und angebliche Abwertung behinderter Menschen
Das Problem das Behindertenverbände jetzt kritisieren ist die Möglichkeit, dass man auch Erbkrankheiten und konkret Behinderungen erkennen und damit verhindern könnte. Dies würde zu einer Abstufung des Wertes von Behinderten führen.

Zuerst einmal: Bereits jetzt darf man feststellen, ob ein Kind z.B. Trisonomie 21 (Down-Syndrom) hätte und diesen Zillklumpen auch nicht einpflanzen. Es ist wichtig, dass wir behinderten Menschen unsere Unterstützung geben. Wir sprechen hier aber von Eizellen, die nicht fähig sind Schmerzen zu empfinden und die keine Menschen sind. Ja, wenn eine Frau mit einem Trisonomie 21-Kind schwanger ist und sie dieses Kind nicht bekommen will, dann kann eine "Nicht-Einpflanzung" deutlich Leid reduzieren, sowohl bei der Mutter, als auch beim Kind. In solchen Fällen ist m.E. ein solches Vorgehen sogar geboten. (Natürlich kann man sich auch dagegen entscheiden. Man fügt aber schliesslich dem Kind und sich selber enormes Leid zu, wenn man dazu nicht in der Lage ist, mit der Situation klarzukommen. Wenn jemand aber mit dieser Wahlfreiheit ein Problem hat, müssen wir an dieser Person arbeiten und nicht an den Methoden.)

Das Plakat der GegnerInnen
Als Sujet der Gegner sehen wir zwei Hände in Gummihandschuhe, die ein Bild eines Mädchens mit Down Syndrom zerreissen. Folgende Probleme: 1. Es handelt sich bei diesen Eizellen eben gerade nicht um geborene Menschen. Es ist ein unempfindsamer Haufen an Zellklumpen nicht mehr. Und bitte liebe GegnerInnen kommt mir nicht mit dem Konzept der Seele oder Gott, so etwas in einer politischen Diskussion nichts verloren. 2. Die Handschuhe deuten darauf hin, dass einE WissenschaftlerIn oder ein Arzt/eine Ärztin das "Leben" dieses Mädchens beendet. Oder die "Potenz des Lebens", wie so manche Leute dazu sagen (meist aus einem theologischen Kontext heraus, warum bloss?!). Letztlich sind es die Eltern die entscheiden und nicht ein böses Wesen.

Die Bischöfliche Kommission für Bioethik
In ihrem Flyer stellt die Kommission reichlich Fragezeichen in der Gegend auf.

1/ Da der menschliche Embryo von der Zeugung an als Person betrachtet werden muss, stellt die PID eine schwerwiegende Verletzung der wesenseigenen Würde des Menschen dar.
2/ Eine Krankheit wird nicht geheilt, sondern sie wird vermieden, indem man den Träger der Krankheit aussondert, was nicht zu rechtfertigen ist. 
3/ Die PID benötigt zum Zweck der Auswahl die willentliche Erzeugung von Embryonen (liberale Eugenik).
4/ Man nimmt sich das Recht heraus, zu entscheiden, wer es verdient zu leben und wer nicht.
 Zu 1.: Sie kritisieren in der Kommission beispielsweise, dass es willkürlich ist, was eine "schwere Krankheit" ist und was nicht. Was sicher teilweise stimmt. Aber sie nehmen den Begriff der Person mithinein, der im theologischen Kontext einfach bei der Zeugung einsetzt. Warum das so ist? Darauf kann man keine gute (d.h. säkulare) Antwort bringen.

Zu 2.: Also wie gesagt, dieser "Träger" ist ein unempfindsamer Zellklumpen und kein Mensch. Man darf diesen "Träger" also aussortieren, wenn dies Nutzen bringt.

Zu 3.: Eugenik? Das Geschlecht wird nur bei Verdacht auf Erbkrankheiten, die damit verbunden sind herausgefunden. Haarfarbe etc. wird nicht festgestellt. Ausserdem Aussortierung aufgrund von Geschlecht, Haarfarbe etc. weiterhin illegal. Hier von Eugenik zu sprechen ist etwas gesucht.

Zu 4.: Das machen wir doch ständig! Wenn man ein Kondom benutzt, dann entscheidet man sich auch dafür dass ein "potenzielles Kind" nicht leben darf. Selbst wenn ich Verhütungsmittel benutze, dann könnte ich mich beispielsweise gegen Geschlechtsverkehr entscheiden und somit ein "potenzielles Leben" verhindern. Liebe Ethik-Kommission, darf nur "Gott" entscheiden ob ein Kind leben darf oder nicht? Ist es das, etwas versteckt?