Dienstag, 27. Dezember 2016

Solidarität mit Uğur Tütüneker!

Tütüneker im Jahr 2013. (Quelle: Ultraslansi, CC BY-SA 3.0, auf Commons.)
Gegen den ehemaligen Wil-Trainer Uğur Tütüneker wird in der Türkei ein politischer Prozess geführt. Tütüneker soll sich irgendwie am Putschversuch gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan vom Juli beteiligt haben. Tütüneker soll in einer "Terrororganisation" Mitglied gewesen sein, die von Fethullah Gülen geführt werden soll und den Putschversuch angezettelt haben soll.

Für die Organisation gibt es keine stichhaltigen Beweise. Hinter der Organisation sollen gemäss Staatsanwälten die CIA und die USA stecken. Verschwörungsideologien als Staatsdoktrin.

Tütüneker ist freiwillig in die Türkei zurückgekehrt, obwohl die Schweiz ihn nicht ausliefern hätte müssen. Politische Delikte (mit Ausnahmen wie Völkermord, Flugzeugentführungen) reichen nicht für eine Auslieferung.

Die Rolle des FC Wils ist sehr unschön. Direkt nach dem Haftbefehl wurde Tütüneker entlassen. Das hätte nicht sein müssen. Es ist klar, dass die Clubführung, welche als  Erdoğan-nahe gilt, nicht verärgern wollten. Damit zeigt sich, dass Erdoğan autokratische Politik bis uns in die Schweiz reicht. Eine sehr bedenkliche Entwicklung.

Die Justiz in der Türkei ist nicht mehr unabhängig. Der Staatspräsident hat zahlreiche Staatsanwälte und Richter entlassen. Die, die noch im Amt geblieben sind, werden sicherlich nicht das Risiko eingehen den Zorn Erdoğans auf sich zu ziehen.

Tütüneker ist nicht der einzige, der unrechtsmässig verhaftet wurde. Zum Beispiel die Führung der drittgrössten Partei der Türkei, die prokurdische HDP sitzt im Gefängnis. Wer also denkt, dass es hier um einen rechtsstaatlichen Prozess gegen Putschisten geht, der/die irrt.

Deswegen gilt meine Solidarität ganz besonders dem ehemaligen Trainer des FC Wil Uğur Tütüneker, aber auch allen unschuldig angeklagten Menschen in der Türkei.

Donnerstag, 1. Dezember 2016

Review: "Payback (1999)"

Die Magnum bereits im Anschlag.
Porter (Mel Gibson) wurde um 70'000 Dollar geprellt. Diese möchte er zurück und tötet alles und jeden, was sich ihm in den Weg stellt, egal ob das die Triaden, ein grösseres Vebrecherkartell oder korrupte Polizisten sind.

In einschlägigen Datenbanken wird der Film als "neo-noir" bezeichnet. Ich denke diese Genrebezeichnung passt ausgezeichnet. Porter ist ein absoluter Antiheld und der Film strotzt nur so von Nihilismus.

Trotzdem ist der Film spannend und bietet gute Action. Auf der anderen Seite gibt es auch viel dunklen Humor. So wird Porter immer wieder gefragt, warum er diesen Raubzug wegen 130'000 Dollar macht. Porter korrigierte dann immer, dass es um 70'000 Dollar gehe, was die Umstehenden noch mehr verwundert.

Mel Gibson passt meines Erachtens sehr gut in die Rolle. Für mich spielt er den rauen Porter hervorragend.

8/10

Montag, 21. November 2016

Review: "Trumbo (2015)"

Dalton Trumbo (Bryan Cranston) in seiner kreativen Phase in der Badewanne: Bitte nicht stören!
Dalton Trumbo (Bryan Cranston) war ein bedeutender Drehbuchautor, er hatte aber ein Problem: Er war Mitglied der Kommunistischen Partei der USA. Zum Beginn des Kalten Krieges geriet er mit anderen Kollegen ins Visier des Komitees gegen unamerikanische Umtriebe. Sie sollten vor dem Kongress zu ihrer poltischen Einstellung aussagen. Trumbo und seine Kollegen, die später als "Hollywood Ten" bezeichnet werden, weigern sich mit verweis auf das First Amendment (Freie Meinungsäusserung etc.) darüber Auskunft zu geben. Sie werden wegen Missachtung des Kongresses verurteilt, der Supreme Court stützt dieses Urteil. Trumbo landet elf Monate im Gefängnis und wird danach auf der Schwarzen Liste geführt, auf welcher sogenannte "Rote" aufgelistet wurden, damit diese keine Job bekommen in der Unterhaltungsbranche. Der Film behandelt Trumbos Leben auf der Schwarzen Liste. Er schrieb jahrelang unter zahlreichen Pseudonymen. Zweimal bekam er so für ein Drehbuch sogar einen Oscar, ohne dass er dafür gewürdigt wurde.

Der Film ist trotz des ernsten Themas sehr unterhaltsam. Am besten hat mir John Goodmann als Frank King gefallen. Frank King war einer der Produzenten, die Trumbo die Drehbücher abnahmen, obwohl sie das offiziell nicht so machen konnten. Die Produktionsfirma von King (King Brothers) scheint recht viele Schundfilme produziert zu haben. Als Trumbo, ein gestandener Drehbuchautor, bei King im Büro auftaucht und King anbietet für ihn zu arbeiten, ist die erste Reaktion, dass er sich dies nicht leisten könne. Auf die Frage von Trumbo, wieviel das Drehbuch für den Film auf dem Plakat hinter King gekostet habe, sagt King 120 Dollar. Trumbo ist mit diesem Betrag einverstanden und der Spass beginnt. Trumbo produziert massenhaft Schund.

Der Film bietet einen guten Rückblick in ein Zeitalter des extremen Antikommunismus. Leider wird sehr wenig auf die politischen Inhalte von Trumbo und seinen Kollegen eingegangen. Aber ich glaube der Film zeigt dennoch, warum man sich auch bis in die bürgerliche Mitte gegen Berufsverbote aussprechen muss.

Mittwoch, 10. August 2016

Demobericht "Schlächthäuser schliessen!" in Bern im August 2016

Die traditionelle Demo des Vereins Tier-im-Fokus.ch fand dieses Jahr zum dritten Mal statt, wiederum in Bern. Die letzten beiden Male war die Demo ein Umzug gewesen. Dieses Mal war es eine Kundgebung an einem festen Ort, dem Bahnhofplatz in Bern, einem tollen Platz!

Die Demo war gekennzeichnet von vielen Reden, Aktionen und Auftritten. Dazu wurden regelmässig wieder Parolen gerufen. Es waren viele Gruppen sichtbar. Der Veranstalter TIF war natürlich mit einem Stand vertreten und brachte Literatur und Merchandise unter die Menschen. Gleiches taten die Vegane Gesellschaft Schweiz und die Tierrechtsgruppe Zürich. Präsent waren auch anarchistische Gruppen mit Transparenten und einer grossen Auswahl an Aufklebern. Aber auch die Organisation Pour l'Egalité Animale (PEA) war mit Aktivist*innen anwesend und machte auf ihre "Demo für das Ende des Speziesismus" aufmerksam. Anwesend war aber auch die Aktive Tierschutzgruppe Salez, wenn auch anfangs nicht offen. Dazu später.

In seiner kämpferischen Rede forderte Pablo Labhart (TIF) passend zum Thema die Schliessung aller Schlachthäuser, er hielt fest:
Unsere Bewegung wächst. Bei jedem Treffen hat es mehr Leute als zuvor. Und auch wenn ihr jetzt links und rechts schaut, seht ihr die verschiedensten Leute. Einige von euch sind noch in der Schule. Andere haben schon Grosskinder. Manche von euch verdienen ihr Geld als Koch, andere als Bauarbeiterin. Zu uns zählen Polygrafinnen, Musiker, Psychologinnen, Juristinnen, Werklehrer, Tierärztinnen, Informatiker und viele weitere.
In einer weiteren Rede kritisierte die nachdenkliche Meret Schneider (Sentience Politics/Junge Grüne) ihre eigene Partei, für die Umweltschutz auf dem Teller aufhöre. Sie zeigte sich aber auch innerhalb gewisser Strategien innerhalb der Tierrechtsbewegung skeptisch. So erachtet Meret Schneider eine Kommunikation im Stile von "Fleisch ist Mord!" nicht als sinnvoll, wenn man die Meinungen anderer (omnivorer) Menschen ändern möchte.
Hatte eine rosarote Brille an und erzählte etwas über Liebe: Raphael Neuburger.
Der Präsident der Veganen Gesellschaft Raphael Neuburger versprühte von der Bühne mit seiner Rede zum Thema "Liebe" gute Laune. Er schloss mit der Bemerkung, dass der Bewegung für den Effektiven Altruismus, welche er sehr schätzen würde, etwas mehr Liebe auch guttun würden.

Die letzte Rede des Tages hielt Georg Klingler (Greenpeace/Hof Narr). Er erweiterte den Fokus der Reden und sprach unter anderem über die Fische und bezeichnete die grossen Schleppernetze, der intensiven Fischerei als "Schlachthäuser der Meere".

Aktionen gab es zahlreiche. Es wurde wiederum das traditionelle "Die-In" durchgeführt. Die Teilnehmer*innen legten sich dafür auf den Boden und demonstrierten hiermit gegen den unnötigen Tod von so vielen Tieren.

Eine weitere Aktivität auf dem Platz war die "Menschenfleisch"-Aktion dazu legten sich hauptsächlich Frauen in Unterwäsche, kunstblutverschmiert in eine überdimensionierte Fleischschale, welche mit Frischhaltefolie fast komplett eingeschlossen wurde. Dazu wurde ein Schild "Menschenfleisch" mit einer Preisangabe angebracht. Die Botschaft war klar: Grausam bei Menschen, grausam bei Tieren. Die Aktion war unbestreitbar die Aktion mit der meisten Aufmerksamkeit. Hauptsächlich Männer standen mit weit aufgerissenen Augen und heruntergeklappter Kinnlade vor den Schalen und machten ein Foto von den regungslosen Köpern. Ich verzichte hier bewusst auf ein Bild dieser Aktion.

Einige kleine Kinder verstörte die "Käfig-Aktion". Hier wurden halbnackte Aktivist*innen (was sonst?!) in einen Käfig gesperrt und angekettet. Dazu schrien sie wie am Spiess. Im Nachhinein bezeichneten einige Teilnehmer*innen diese Aktion mir gegenüber als "heftig".


Die letzte Aktion beeindruckte mich am meisten. In der Schweiz werden statistisch pro Sekunde zwei Tiere umgebracht. Dazu stellten sich ein paar Aktivist*innen in einer Reihe auf und stellten einen Zähler dar.

Es kam auch zu sonderbaren Vorfällen. Beispielsweise spielte während der Demo YB gegen Thun, also das Berner Derby, ein ziemlicher Kassenschlager. Also stürmten auch eine kleine Gruppe an YB-Fans den Bahnhofplatz und skandierte lautstark "Ihr macht euch keine Freunde mit Salat!" unterhaltsam!

Von links nach rechts: Ein Bild von der Demo 2014, ein Bild vom 6. August ca. 18 Uhr und die Szene nach 21 Uhr. Die zwei TIF-Aktivisten sind mit roten Kreisen markiert.
 Nach 21 Uhr als sich die bereits oben genannte Tierschutzgruppe Salez auf den Nachhauseweg machte, wurde sichtbar, was sie auf der Rückseite ihres Schildes angebracht hatten und ich bereits vermutet hatte. Es war das berüchtigte Schild, dass bereits an der ersten Demo im Jahr 2014 von dieser Gruppe gezeigt wurde und die Shoa (den Holocaust) mit dem Leid der Tiere nicht nur verglich sondern gleichsetzte.* Es war eine reine Provokation, egal ob intentional oder nicht.

Rührend war der Einsatz zweier Aktivisten von TIF, die herzhaft einschritten, um das Plakat abzudecken.

Nichtsdestotrotz war die Demo abgesehen von diesem Vorfall ein grosser Erfolg. Wir haben es geschafft die Bevölkerung mit unseren Überzeugungen zu konfrontieren.

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* So interpretiere ich zumindest die Gleichheitszeichen auf dem Schild.

(Disclaimer: Der Autor ist Mitglied des Vereins Tier-im-Fokus.ch.)

Samstag, 6. August 2016

Warum das Postulat zu Halal-Importen eine gute Sache sein kann

Yannick Buttet (CVP, VS). (Auschnitt von Foto auf Parlament.ch, von stahlfoto.ch)
Der Walliser Nationalrat Yannick Buttet stellt in seinem Postulat fest, dass für Halal-Fleisch von sehr günstigen Importbedinungen profitiert. So kann ein Kilo Rindfleisch fast 10 Franken günstiger importiert werden, als ein Kilo, welches nicht halal ist. Die Neue Luzerner Zeitung rechnet beispielsweise vor:
Das Einfuhrkontingent für ein Kilogramm Nierstück kostet heute rund 13 Franken. Für geschächtetes Rindfleisch beträgt der Preis lediglich 2.50 Franken. (Quelle)
Buttet möchte zwei Dinge in seinem Postulat:
1. Eine obligatorische Deklaration von Halal-Produkten.
2. Dass die Zollbedinungen angeglichen werden zwischen Halal und nicht-Halal.

Was ist meine Überlegung zu diesem Postulat?
Ich habe bereits mehrmals festgehalten, dass es keinen Sinn macht aus einer tierrechtlichen Perspektive heraus einer "humaneren" Schlachtmethode (hier mit Betäubung) den Vorzug gegenüber einer anderen Schlachtmethode (dem Schächten) zu geben. Alle Schlachtmethoden gehören abgeschafft und verboten.

Ich halte allerdings auch nicht viel von einer Deklaration von Halal-Fleisch. Man kann sie machen, ich sehe aber aus tierrechtlicher Perspektive nichts was dafür spricht, sich für eine solche Deklaration einzusetzen.

Wozu die günstigen Zollbedinungen führen bei Halal-Fleisch ist, dass Importeure dazu übergehen diese Lücke zu benutzen, obwohl man sich damit in einer Grauzone bewegt. Buttet hält fest, dass dies in der Praxis einfach ist.

Ich denke, dass Fleisch beim Import gleichbehandelt werden sollte. Insbesondere wenn man sich überlegt, dass tiefe Fleischpreise zu mehr Konsum führen. Meine Rechnung ist klar: Wenn der Import teurer wird, wird weniger Fleisch konsumiert und ergo weniger Tiere getötet. Ich begrüsse daher das Postulat.

Linksammlung:

Sonntag, 10. April 2016

Review: "Freeheld (2015)"

Stacie (Ellen Page) ist traurig.
Basierend auf einer "wahren Geschichte" erzählt der Film vom Schicksal der Polizistin Laurel (Julianne Moore), die ihre Homosexualität immer versteckt gehalten hatte. Nach einer Krebsdiagnose möchte Laurel ihrer Partnerin Stacie (Ellen Page) ihre Rente vermachen, wie das für Ehepaare möglich ist. Dies wird ihr aber von den Behörden verwehrt. Der Film zeigt den Kampf für ihre Rechte.

Das Thema scheint für einen Spielfilm schon etwas trocken zu sein auf dem Papier. Der Film erzählt die Geschichte aber erstaunlich spannend. Ausserdem drückt der Film (mit ein paar Ausnahmen) kaum auf die Tränendrüse, wie das andere Filme über Krebs oder LGBT-Themen tun.

Grossartig ist Steve Carell als wie er es im Film sagt "middleclass, jewish, homosexual from New Jersey". Kann man sich noch mehr wünschen für einen Film? Ich denke nicht.

Vom Hintergrund her, dass Ellen Pages eigenes Outing noch nicht so lange her ist, ist es noch interessant, dass Page eine Rolle spielt, die gut zu ihr passt. Nicht nur, dass sie selber lesbisch ist, sondern auch wie sie Stacie spielt, wirkt sehr passend.

Der Film hat übrigens total versagt an der Kinokasse. Etwa sieben Millionen Dollar soll er gekostet haben und nur knapp eine halbe Million eingespielt haben.

7/10

Samstag, 5. März 2016

Warum die "Hornkuhinitiative" bekämpft werden muss

Zwei Kühe, nota bene ohne Hörner. (CC0, Pixelsepp)
Gemäss Aargauer Zeitung kommt die sogenannte "Hornkuhinitiative" zustande. Ich halte diese Initiative für sehr bedenklich. Ich werde versuchen mit diesem Artikel zu illustrieren warum.

Entschädigung für TierhalterInnen?
2014 wurden die direkten Tierbeiträge bei den Subventionen für die Landwirtschaftsbetrieben abgeschafft. Die Bauern und Bäuerinnen bekommen neu nur noch für bestimmte Leistungen Direktzahlungen. Das ist immerhin besser als Anreize für immer mehr Tiere zu geben. Denn mehr Tiere bedeutet mehr Umweltbelastung, Ineffizienz und letztlich auch tierliches Leid.

Nun will die Hornkuhinitiative durch die Hintertür wieder einen versteckten Tierbeitrag einführen. Für jede Kuh, Ziege und so weiter, die nicht enthornt werden sollen die Bauern eine Entschädigung bekommen.

Der Wortlaut der Initiative:
Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art.104 Abs. 3 Bst. b
3 Er [der Bund] richtet die Massnahmen so aus, dass die Landwirtschaft ihre mulifunktionalen Aufgaben erfüllt. Er hat insbesondere folgende Befugnisse und Aufgaben:
b. Er fördert mit wirtschaftlich lohnenden Anreizen Produkionsformen, die besonders naturnah, umwelt- und tierfreundlich sind; dabei sorgt er insbesondere dafür, dass Halterinnen und Halter von Kühen, Zuchtstieren, Ziegen und Zuchtziegenböcken finanziell unterstützt werden, solange die ausgewachsenen Tiere Hörner tragen. (Quelle)
 Es ist letztlich etwas was VeganerInnen verhindern möchten, nämlich Leuten Geld für das Halten von Tieren zu geben.

Tierhaltung nicht reformieren, sondern abschaffen
Auf der einen Seite ist es eine gute Sache, dass die Enthornungen aufhören, welche für die Tiere mit massiven Schmerzen verbunden sind. Andererseits müssen wir einsehen, dass Tierhaltung grundsätzlich ein Problem ist.

Beispielsweise können Kühe sage und schreibe 25 Jahre (!) alt werden, schaffen in den meisten Fällen nur fünf Jahre in der Milchindustrie. Bei solchen Zahlen sollte uns klar werden, dass die Enthornung ein vergleichsweise kleines Problem ist.

Die vegane Bewegung und die Hornkuh-Initiative
Die Hornkuh-Initiative im "Veg-Info" von SwissVeg. (Quelle)

Besorgniserregend ist auch, dass die Hornkuh-Initiative sich selber in der veganen Bewegung vernetzt hat. So war die Initiative letztes Jahr mit einem Stand an der Veganmania in Winterthur und einem Artikel im "Veg-Info" vertreten.

Armin Capaul möchte "den Tieren ihr natürliches Aussehen und ihre Würde wieder zurückzugeben." heisst es im Beitrag. Von den Direktzahlungen die TierausbeuterInnen bekommen sollen, steht perfiderweise nichts.

Dabei ist die Initiative das letzte was wir VeganerInnen unterstützen sollten: Nämlich Leuten für das Halten von Tieren Geld zu geben. 

Donnerstag, 14. Januar 2016

Zur Frage der Selbstbestimmung der Schweiz

Die Schlacht am Morgarten (1470) von Bendicht Tschachtlan. - Tschachtlanchronik, Zentralbibliothek Zürich. Gemeinfrei über Wikimedia Commons.
SVP-Nationalrat Lukas Reimann veröffentlichte auf der SVP-Homepage einen ausführlichen Artikel zur Schweizerischen Geschichte, mit dem Ziel für die sogenannte "Selbstbestimmungs-Initiative" zu werben. Klar, dass mich das angehenden Historiker sofort anzieht!

Mit der Geschichte zu argumentieren halte ich für heikel. Egal von welcher politischen Seite man kommt. Aber je weiter ein Ereignis zurückliegt desto absurder werden die Argumentationen.

Zu Beginn des Textes stellt Reimann die Selbstbestimmungsinitiative mit historischen Ereignissen:
Im vergangenen Jahr gedachten wir den geschichtlichen Ereignissen von 1315 (Schlacht am Morgarten), 1515 (Schlacht bei Marignano) und 1815 (Wiener Kongress). Und schon bald könnte ein Ereignis von ähnlich grossem Gehalt anstehen: Die Selbstbestimmungs-Initiative!
Zuerst einmal: Wer ist ist "wir"? Ich habe nicht einer Schlacht die 700 Jahre zurückliegt gedacht, mit der ich weniger zu tun habe als heutige Konflikte. Ich meine es gibt sogar Zweifel darüber wie oder ob die Schlacht von 1315 überhaupt stattgefunden hat. Und vor allem was habe ich als Ostschweizer damit zu tun? Selbst wenn das keine Rolle spielt, könnte es sogar sein, dass meine Vorfahren auf Seite der Habsburger gekämpft habe.

Das Gleiche gilt für Marignano. Dazu hatte ich mich bereits in einem anderen Post geäussert. Mein Leben hat mit dem Leben eines Bauernbundes aus dem 16. Jahrhundert herzlich wenig gemein. Das Ereignis dieser Daten, was die "Schweiz" am meisten verändert hat, ist vielleicht gerade noch der Wiener Kongress.

Grundsätzlich fällt auf, dass Menschen in jeder Epoche einfach ihre Überzeugungen auf die Geschichte projeziert haben und dann so etwas wie ein Impetus zu finden für die Zukunft. Bisher ist das m.E. immer gescheitert.

Und dann wird diese unsägliche Initiative auf dieses historische Podest gehoben. Ich befürchte aber, dass Reimann mit dieser Einschätzung nicht einmal unrecht hat. Die Initiative würde die Aussenbeziehung historisch verändern. Aber zum Schlechten.

Reimann zitiert den Nobelpreisträger Carl Spitteler. Der Ausschnitt ist bemerkenswert, da Spitteler sich für Pluralismus und gleichzeitig Einigkeit starkmacht. Über den Willen der SVP Pluralismus in der Schweiz, abseits von Sprachen und christlichen Konfessionen, zu verteidigen, bestehen meines Erachtens nach Zweifel.

Dann lässt Reimann eine Behauptung vom Stapel, die ich als unhaltbar einstufe:
Bei fast allen politischen Sachgebieten haben heute nicht mehr das Schweizer Volk und von ihm ausgehend die Schweizer Richter und die Schweizer Regierung das letzte Wort, sondern ausländische Bürokraten und Richter.
  Beispielsweise kommt mir nicht in den Sinn, wann sich die EU oder "das Ausland" in städtische Entscheide bei mir zuhause in Wil eingemischt hat. Oder ist Wil schon nicht mehr "die Schweiz". 

Aber geben wir Reimann den "benefit of doubt". Es ist und bleibt einfach eine Behauptung für die Reimann jedwege Erklärung schuldig bleibt.

Reimann kritisiert das Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und seine "ausländischen Richter". 

Zuerst einmal: Die Schweiz darf wie alle Staaten im Gerichthof eineN RichterIn stellen. Momentan ist das für die Schweiz Helen Keller. Als kleiner Staat ist die Schweiz am Gericht sogar überproportional vertreten. Grosse Staaten wie Deutschland dürfen ebenfalls nur eine Person stellen.

Und zweitens: Der EGMR schützt das Individuum vor der Willkür des Staates. Wenn zum Beispiel Lukas Reimann aus unerfindlichen Gründen von allen Instanzen verurteilt wird, zum Beispiel, weil er etwas gesagt hat, was den Behörden in der Schweiz nicht passt, dann kann er Hilfe beim EGMR holen wenn er will. Ich kann nicht verstehen, wie Reimann hier dagegen sein kann.

Und drittens: Wir glauben nicht, dass Staaten die Menschenrechte selber einhält. Ich meine nicht einmal die Schweiz hält sich immer daran. Wie sollen wir Menschenrechtsverstösse anderer Länder ahnden, wenn die Schweiz selber nicht bereit ist, selber geahndet werden zu können.

Und viertens: "Wir" sind doch von den Menschenrechten durch und durch überzeugt. (Obwohl bei der SVP bin ich mir nicht immer sicher.) Ist es nicht selbstverständlich, dass man versucht diese zu verwirklichen und man sich über Kritik vom EGMR offen zeigt, weil man ja "besser" bei Menschenrechtsbelangen werden will?

In letzten Abschnitt schreibt Reimann plötzlich: "Der politischen Elite ist die Direkte Demokratie schon lange ein Dorn im Auge[.]" Wer ist diese Elite. Reimann weiter: "Dafür seien doch Experten, Gelehrte, Richter und sie – die Elite – da." Selbst hier wird nicht klar, wer diese "Elite" sein soll. Ist es eine verschworene Reihe von Hintermännern* die in Hinterzimmern ihre bösen Pläne schmieden. Der Ausdruck lässt alles offen. Man könnte sogar seine Verschwörungsideologien von Bilderbergern, Illuminaten, Freimaurern, Reptiloiden, Nazis vom Mond oder den Juden hier reinprojezieren. Auf jeden Fall sind solche offen formulierten Ausdrücke sehr gefährlich.

Wir wissen aber auch, dass es bei jüngeren SVPlern einen Hang zu Verschwörungstheorien gibt. Beispielsweise beim JSVP-Präsi Liebrand, der sich wegen 9/11 "nicht sicher" ist oder sich bei "Anti-Bilderberger"-Aktionen beteiligt. Oder ein Kantonsratskandidat aus Schänis der ganz offen dazu steht, dass er ein Verschwörungsideologe ist. Ich sag jetzt aber nicht, dass alle SVPler (geschweige denn Lukas Reimann) eine solche Tendenz haben, Herbert Huser von der SVP St. Gallen hat sich sogar explizit von den Aussagen distanziert.

Reimanns Geschwurbel rund um eine angebliche Elite, die sich gegen "das Volk" verschworen hat, sind aber nicht minder heikel.