Dienstag, 17. September 2013

Zur Initiative "Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache"

Das Initiativkomitee schreibt im Argumentarium auf Seite drei, dass ein Embryo, gemäss Europäischen Gerichtshof, eine "Menschenwürde" und daher verstosse die Finanzierung von Abtreibung gegen jede Ethik. Ausser, dass dieser letzte Nebensatz, so sicher nicht gilt, habe ich folgende Einwände:
  1. "Menschenwürde" allein garantiert m.E. kein "Recht auf Leben", dazu braucht man Bewusstsein, Autonomie, Lust- und Schmerzempfinden (vgl. Singer: Praktische Ethik, Kapitel 7). Ein Embryo hat nur Bewusstsein und Schmerzempfinden. Menschen nur wegen ihrer Zugehörigkeit zur Spezies "Mensch" zu bevorzugen, das nennt man im "Speziesismus" analog zu anderen "-ismen" wie Rassismus oder Sexismus.
  2. Warum spricht die Finanzierung von Abtreibungen gegen die "Moral"? Wieso nicht die Praxis an sich? Versteht mich nicht falsch, aber das ist genau mein Problem. Den Initianten geht es darum, Abtreibungen zu minimieren (vgl. S. 1 im Argumentarium) oder am liebsten gleich ganz zu verbieten. Das ist revisionistisch und konservativ. Passend dazu macht auch mein Lieblings-Nationalrat Jakob Büchel mit, der sich schon gegen die Sexualisierung der Schule gewehrt hat.
Am schäbigsten wird es, als es zum Thema "Ausländerproblem?" kommt (vgl. S.3/8). Ausländerinnen treiben 3.25 mal so oft ab wie Schweizerinnen. Was hat ist los? Soll das heissen, dass Ausländerinnen "böser" und gleichgültiger sind?! Ich persönlich vermute, dass das Gründe haben könnte: Manche Ausländerinnen sind schlechter informiert über Verhütungsmethoden und haben auch schlechter Zugang dazu. (Quelle) So einfach! Liebe AbtreibungsgegnerInnen: Verteilt Kondome und die Pille, damit nicht so viel abgetrieben werden muss, besonders bei schlecht informierten Ausländerinnen, ist viel Arbeit erforderlich.
Und natürlich, ist es falsch mit den Kosten zu argumentieren. Folgende Einwände
  1. Geld sollte in dieser Frage keine Rolle spielen
  2. Es geht um 8 Millionen Franken. Die Prämien würden vielleicht um einige Promille sinken, wenn überhaupt.
  3. Klar Verschwendung ist Verschwendung, auch wenn die Verschwendung klein ist, aber ich denke die 8 Millionen sind gut investiertes Geld in die Freiheit (vgl. auch mit Punkt 1).
In seiner Medienmitteilung vom 17. Juni schreibt das Initiativkomitee von einem "ideologischen Entscheid der Grossen Kammer". Klar ist, dass die Initiative sehr ideologisch geprägt ist. Sachpolitik kann man ja dieses herumnörgeln an acht Millionen Franken ja nicht nennen. Die Diskussion, ob Abtreibungen okay sind ist eine ideologische und das ist ja auch okay.

Ich denke aber, dass man sogar komplett gegen Abtreibungen sein kann. Wenn man jegliches Leid vermeiden will, und ausblendet, was für Leid es für ein Kind bedeutet, wenn die Mutter das Kind wirklich nicht bekommen wollte, dann müsste man aber auch in Drittweltländern radikal angreifen und vor allem, sage ich als Tierrechtler, müsste man auch aufhören das Leid der Tiere zu ignorieren. Doch wir wissen, dass das bei weiten Teilen des Initiativkomitees nicht so aussieht. Ich gehe davon, aus das niemand im Initiativkomitee sich vegetarisch ernährt. Die meisten Leute haben eine ziemlich inkonsistente Moral, aus meiner Perspektive gesehen. Sie sehen das natürlich anders, weil sie SpeziesistInnen sind.
Manche würden vielleicht einwenden: "Du bist doch selber ein Heuchler! Du bist gegen Fleisch und doch für Abtreibungen!" Für mich ist das keine inkonsistente Moral. Es gibt tatsächlich Gründe ein Lebewesen zu töten. Der Tyrannenmord ist so ein klassisches utilitaristisches Beispiel. Oder eben Abtreibungen, wenn eine Frau (möglicherweise mit ihrem Partner) wirklich nicht für ein Kind sorgen kann und/oder will. Dann ist es ein legitimer Grund etwas zu töten. Was hingegen kein guter Grund ist, ist der Geschmack, ein Hauptargument für den Fleischkonsum, finden zumindest die Omnivoren.
Ich bin dagegen Abtreibungen zu verharmlosen, ich bin aber auch dagegen, Abtreibungen grundsätzlich als schlecht anzuschauen. Daher bin ich für eine Beibehaltung der heutigen Regelung.

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